Vom untouristischen Okayama begab ich mich dann ans andere Ende der Touristenvolumen-Skala. Von 0 auf 100, aber trotz der vielen, vielen Menschen auf jeden Fall ein Herzstück meiner Reise:
STATION 5: Kyoto, Teil IWo soll man anfangen, wo soll man aufhören bei dieser Stadt, die mit ihrer historischen und kulturellen Dichte so sehr Japans lange Geschichte verkörpert? Mich hat Kyoto sofort eingenommen mit diesem Wechsel aus riesigen Straßen und Gebäuden (die Stadt hat immerhin fast 1,5 Mio. Einwohner), Konsumtempeln und hurtigen Massen, Geflecht aus Gassen, kleinstem Einzelhandel und hunderten, nein, tausenden von Tempeln und Schreinen. So viele jedenfalls, dass ich sie in einen Teil II zu Kyoto packen muss.
Was ich schnell gemerkt habe: Abseits von Ballungsorten ist man auch schnell für sich, so dass ich die Zahl der Besichtigungen am Tag zugunsten von langen Fußwegen runtergeschraubt habe und Kyoto primär zu Fuß erkundet habe. Der erste Teil der Bilder nun also dem Straßenleben der Stadt gewidmet:
Ankunft in Kyoto und ein Blick auf die Taxen, die wie aus der Zeit gefallen wirken in ihrer wenig aerodynamischen Formgebung und meistens Sitz- und Kopfstützenabdeckungen aus etwas altmodischer Spitze haben.

#32 // Portra 400
Der Nishiki Market ist eine dieser langen, überdachten Fressgassen, die mit großer Auswahl an Snacks und Fingerfood die hungrigen Mäuler locken und mehr als sättigen. Ausnahmsweise lassen sich hier auch Mülleimer finden, doch meist an den Ständen direkt und auch nur zur Entsorgung der am Stand gekauften Packungen.

#33 // Portra 400
Ein Anblick, an den man sich schnell gewöhnt: überall finden sich diese Automaten, aus denen man
Capsule Toys ziehen kann. Ob es nun 3 Automaten vor einem Convenience Store sind oder wie hier ein ganzer Laden voll davon, sie sind gängiger Teil der japanischen Popkultur. In den Kugeln, die man aus den Automaten zieht für 200-600 Yen, finden sich dann Miniatur-Spielsachen bzw. Miniaturen von allen möglichen Dingen. Charaktere aus Büchern und Shows, aber auch ganz normale Alltagsdinge, kleinste Souvenirs oder Glücksbringer. Ähnlich wie Ü-Ei-Figuren werden diese dann gesammelt oder an Taschen und Rucksäcken hängend zur Schau getragen. Mich hat es wirklich sehr amüsiert, was sich in den Automaten so alles verborgen hat. Kulturell habe ich mich gefragt, ob es eine modern-kommerzielle Weiterentwicklung ist von den vielen thematischen Glücksbringern, die man an Schreinen und Tempeln kaufen kann und auch mit sich trägt, bis ein Wunsch in Erfüllung gegangen ist. So tief bin ich dann jedoch nicht in die Geschichte der Capsule Toys eingestiegen.

#34 // Portra 400
Ein kleiner Essensstand, kleiner als ein Kiosk und meist bewirtet von älteren Damen, die die angebotenen Speisen selbst machen.

#35 // Portra 400
Kyoto ist wahnsinnig schön gelegen, umringt von Bergketten und sanft schwingenden Hügeln, so dass der Blick in normale Gassen oft ganz idyllisch wirkt, so abseits der Massen.

#36 // ColorPlus 200
Auf einer dieser urbanen Wanderungen stolperte ich über die Werkstatt eines jungen Fächerherstellers.
Uchiwa sind die Blattfächer, die nicht gefaltet werden können und der Herr designte nun nicht nur die Blätter mit eigenen Drucken, sondern stellte auch das Holzstäbchengerüst für die Fächer selbst her in seinem kleinen Atelier am Ende einer Sackgasse. Wunderschöne Fächer, eine nette Begegnung und hier ein Blick auf seinen Arbeitsbereich.

#37 // ColorPlus 200
Es sind ja oft die Blicke im Vorbeigehen, die einen noch mal einen Schritt zurückgehen lassen, so wie dieser Chor an leeren Kanistern, deren tatsächliche Bestimmung mir zwar verborgen blieb, die mich aber mit den O-förmigen Mündern und grimmigen Blicken amüsierten.

#38 // Reflx Lab 400
Entgegen der Wirkung des Schildes war die Einkaufsstraße selbst wohl dem
quiet luxury gewidmet mit sehr hochpreisigen Antiquitäten- und Kunstläden, protzigen G-Klassen und verschwiegenem Klientel.

#39 // Reflx Lab 400
Abseits von den großen Einkaufsstraßen erschloss sich mir schnell, dass der weniger glamouröse Einzelhandel oft einem sehr spezifischen Thema verschrieben ist, wie hier den Teekannen und -bechern. Diese Sortierung der Stadtviertel nach Bedarf (Handwerk, Elektronik, Leder, Haushaltswaren, ...) prägt die Städte und die Frage drängte sich mir auf: was passiert eigentlich mit der urbanen Infrastruktur, wenn diese tendenziell betagten Ladenbesitzer/innen eines Tages den Betrieb nicht mehr aufrecht erhalten werden? Wie werden diese Städte in 10-15 Jahren aussehen. Spannend, wenn sich einem die aus Medien bekannte Diskussion rund um die demographischen Probleme Japans plötzlich so aufdrängt!

#40 // Reflx Lab 400
Und zuletzt ein Blick in eine Küche. Freund oder Essen? In diesem Falle vermutlich eher Freund!

#41 // Safelight 250D
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