So, nun habe ich etwas nachgeforscht und Folgendes heraus gefunden:
Laut Adobe werden in dem Develop-Modul und in dem Library-Modul unterschiedliche Farbräume verwendet. Auf der Seite
steht, dass im Develop-Modul "ProPhoto RGB" und im Library-Modul "Adobe RGB". Es wird darauf hingewiesen, dass die Bilder in den beiden Modulen unterschiedlich dargestellt werden können. Komischerweise ist mir das aber vorher nie aufgefallen. Und ehrlich gesagt scheint mir das Kalibrations-Profil im Develop-Modul einfach komplett ignoriert zu werden. Also für den "ProPhoto RGB"-Farbraum...
Nun ist es so, dass ProPhoto RGB ein sehr viel größerer Farbraum ist als Adobe RGB und dieser ist größer als sRGB. ProPhoto RGB wird für das Develop-Modul verwendet, weil damit die vielen Farbdetails einer RAW-Aufnahme bearbeitet werden können. Man editiert das Bild also in diesem Farbraum und es wird zur Anzeige auf dem eigenen Monitor natürlich auf dessen Farbraum "herunter gerechnet". Hat man einen sRGB-Monitor, dann sieht man das, hat man einen "Wide Gamut"-Monitor, den man dann z. B. im Modus "Adobe RGB" betreibt, dann sieht man das Bild in dem Farbraum.
Wechselt man vom Develop-Modul in einen anderen Bereich in Lightroom, so wird das Bild in den kleineren Farbraum "Adobe RGB" umgewandelt. Hier kann es passieren, dass manche Farben des Bildes nicht in dem Farbraum enthalten sind und somit eine automatische Anpassung vorgenommen wird. Bei meinem sehr/extrem satt roten Bild war das bei den roten Tönen der Fall. Im Prinzip saß das Problem also vor dem Bildschirm - wie so oft...
Was kann man nun tun, wenn einem ein solcher Unterschied in der Darstellung zwischen Develop und anderen Modulen in LR auffällt?
Es sollte eine Warnung sein, dass das Bild so, wie man es bearbeitet hat, in "üblichen" Farbräumen nicht ordentlich darstellbar ist. Man könnte die Sättigung der problematischen Farben herunter regeln oder ähnliche Anpassungen vornehmen. Ich habe hierzu einmal die "Soft-Proofing"-Funktionalität verwendet, die man wohl meistens für Ausdrucke bemüht. Aber für mich ergibt sie, da ich selten drucke oder drucken lasse, sehr viel mehr Sinn, um zu überprüfen, ob das Bild beim Export (sRGB in den meisten Fällen) so aussieht, wie ich es mir vorstelle bzw. wie es im Develop-Modul angezeigt wird.
Dazu kann man statt eines Drucker-Profils auch Adobe RGB oder sRGB auswählen und sieht so sehr schön, was dabei passiert. Mit der Taste "S" kann man den Soft-Proof-Modus schnell ein- und ausschalten. Mit Shift+S kann man die sogenannte "Gamut-Warnung" anzeigen lassen. Je nachdem, welche Gamut-Warnungen man dafür eingestellt hat, zeigen Overlay-Farben an, ob der Monitor-Farbraum oder der Ziel-Farbraum überschritten werden.
Nachdem ich mein Bild mit Hilfe des Soft-Proofing angepasst habe, waren auch mehr Details in den übergelaufenen Rot-Bildteilen sichtbar. Das Bild wirkte natürlich etwas anders als vorher, aber es war eben nur anders, nicht schlechter - und detailreicher. Vorher hatte LR ha eigentsändig entscheiden, wie mit den nicht darstellbaren Farben verfahren wird. Nun lag das in meiner Kontrolle.
Also kurz: Soft-Proofing bei sehr satten/übersättigten Bildern auch gerne mal mit dem Ziel "sRGB" verwenden, und dann das Bild so anpassen, dass es in sRGB auch so rauskommt, wie man es haben will. Mein Problem ist gelöst: nicht durch einen neuen Monitor, nicht durch eine neue Bildbearbeitungs-Software, sondern durch neu erworbenes Wissen und Verständnis. So ist es mir am liebsten!
